Sozialrecht – Rechtsweg

Der Rechtsweg im Sozialrecht ist oft steinig.
Der Rechtsweg im Sozialrecht ist oft steinig.
(Letzte Aktualisierung: 17.01.2024)

Wenn der Bürger mit Entscheidungen auf dem Gebiet des Sozialrechts nicht zufrieden ist, kann er hiergegen den Rechtsweg beschreiten und Gerichte in Anspruch nehmen.

Die Sozialgerichtsbarkeit ist ein eigener Gerichtszweig, der aus der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgegliedert wurde. Dabei bestehen die drei Instanzen Sozialgericht, Landessozialgericht und Bundessozialgericht.

Neben dem normalen Hauptverfahren, das eine endgültige Klärung eines Streits herbeiführen soll, gibt es auch Eilverfahren, die eine vorläufige Regelung durch das Gericht ermöglichen und sehr viel schneller entschieden werden.

Nach dem Durchlaufen der Sozialgerichtsbarkeit besteht auch noch die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde, falls man mit den Urteilen nicht zufrieden ist und seine Grundrechte verletzt sieht.

Prozesskostenhilfe

Ich kann mir keinen Anwalt leisten, bekomme ich vom Staat einen gestellt?

Grundsätzlich gibt es für solche Fälle die Prozesskostenhilfe oder (vor allem im Familienrecht) die Verfahrenskostenhilfe. Diese kann beantragt werden, wenn man nicht über ausreichende Mittel verfügt, um den eigenen Anwalt und die Gerichtskosten zu übernehmen. Am besten ist es, den Antrag auf PKH/VKH beim zuständigen Gericht (z.B. Amtsgericht, Sozialgericht, Verwaltungsgericht) selbst zu stellen. So fallen für diese Tätigkeit noch keine Anwaltskosten an. Die Rechtsantragsstelle des Gerichts hilft dabei kostenlos weiter.

In Strafverfahren besteht ein Recht auf einen Anwalt nur bei der sog. notwendigen Verteidigung. Das ist insbesondere bei schwereren Delikten der Fall. Dann wird Ihnen vom Gericht unmittelbar ein Anwalt gestellt, auch schon im Vorverfahren. Sie können sich dabei auch einen bestimmten Anwalt aussuchen.

Eine Gewährung der Kostenübernahme durch die Sozialbehörden ist in all diesen Fällen aber nicht vorgesehen, das ist Sache des jeweiligen Gerichts.

Wann bekommt man Verfahrenskostenhilfe?

Das Recht der Verfahrenskostenhilfe bestimmt sich gemäß § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe (§§ 114 ff. ZPO).

Voraussetzung ist in erster Linie, dass man nach seinen „persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann“ und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig, also von vorn herein chancenlos erscheint (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Sozialgericht

Wofür ist das Sozialgericht zuständig?

Das Sozialgericht entscheidet in erster Instanz über praktisch alle sozialrechtlichen Streitigkeiten (§ 8 SGG).

Aus wie vielen Personen setzt sich das Sozialgericht zusammen?

Die Sozialgerichte entscheiden in der Besetzung von einem berufsmäßigen Richter und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 12 Abs. 1 SGG).

Landessozialgericht

Wofür ist das Landessozialgericht zuständig?

Das Landessozialgericht entscheidet grundsätzlich über die Berufung gegen die Urteile des Sozialgerichts (§ 29 Abs. 1 SGG), wird also nur in zweiter Instanz tätig.

Daneben gibt es einige erstinstanzliche Zuständigkeiten (§ 29 Abs. 2 bis 4 SGG), die aber nicht die Ansprüche von Sozialleistungsberechtigten betreffen, sondern Auseinandersetzungen zwischen sozialrechtlichen Behörden.

Aus wie vielen Personen setzt sich das Landessozialgericht zusammen?

Die Landessozialgerichte entscheiden in der Besetzung von drei berufsmäßigen Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Abs. 1 SGG).

Bundessozialgericht

Wofür ist das Bundessozialgericht zuständig?

Das Bundessozialgericht entscheidet fast ausschließlich über Revisionen gegen Urteile der Landessozialgerichte (§ 39 Abs. 1 SGG).

Daneben gibt es eine erstinstanzliche Zuständigkeit für Streitigkeiten zwischen Bundesländern und zwischen dem Bund und einem Land (§ 39 Abs. 2).

Aus wie vielen Personen setzt sich das Bundessozialgericht zusammen?

Die Senate des Bundessozialgerichts entscheiden in der Besetzung von drei berufsmäßigen Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 40 i.V.m. § 33 Abs. 1 SGG).

Der Große Senat des Bundessozialgerichts besteht aus 14 berufsmäßigen Richtern (nämlich einem aus jedem Senat) und sechs ehrenamtlichen Richtern.

Wofür ist der Große Senat des Bundessozialgerichts zuständig?

Der Große Senat entscheidet, wenn ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will. (§ 41 Abs. 2 SGG)

Damit soll die Rechtsprechung der verschiedenen Senate untereinander abgestimmt werden.

Rechtsmittel

Welches Rechtsmittel gibt es nach der Revision?

Wird die Revision, auch auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin, nicht zugelassen, ist das Urteil rechtskräftig und grundsätzlich nicht mehr abänderbar. Möglich sind aber noch eine Verfassungsbeschwerde und der Gang vor europäische oder internationale Gerichte.

All diese Gerichte prüfen aber nicht mehr die Verletzung des Sozialrechts, sondern nur noch von Grund- oder Menschenrechten. Die Erfolgsaussichten sind entsprechend gering und die Verfahren dauern oft mehrere Jahre, in denen das Urteil zunächst bestehen bleibt.

Wer entscheidet über die Zulassung der Revision?

Zunächst entscheidet das Landessozialgericht selbst, ob es die Revision zulässt. Gegen die Nichtzulassung (die bedeutet, dass es kein Rechtsmittel mehr gibt und die Entscheidung damit endgültig ist) kann Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a SGG) eingelegt werden. Auf diese Beschwerde hin lässt das Bundessozialgericht die Revision zu, nimmt sich also des Verfahrens an.

Wann ist die Revision zulässig?

Die Revision kann gegen Urteile der Landessozialgerichte eingelegt werden. Sie bedarf aber stets der Zulassung, ist also niemals von selbst zulässig.

Wer entscheidet über die Zulassung der Berufung?

Zunächst entscheidet das Sozialgericht selbst, ob es die Berufung zulässt. Gegen die Nichtzulassung (die bedeutet, dass es kein Rechtsmittel mehr gibt und die Entscheidung damit endgültig ist) kann Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) eingelegt werden. Auf diese Beschwerde hin lässt das Landessozialgericht die Berufung zu, nimmt sich also des Verfahrens an.

Wann ist die Berufung zulässig?

Die Berufung ist das Rechtsmittel gegen Urteile des Sozialgerichts. Die Berufung bedarf jedoch der Zulassung, wenn sich die Klage auf Geld-, Dienst- oder Sachleistungen im Wert von maximal 750 Euro für eine Dauer von nicht mehr als einem Jahr richtet. (§ 144 Abs. 1 SGG)

Wann werden Berufung und Revision zugelassen?

Die Berufung und die Revision sind gemäß § 144 Abs. 2 bzw. § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn

  • der Fall grundsätzliche Bedeutung hat,
  • das Urteil von einer Entscheidung eines übergeordneten Gerichts abweicht oder
  • ein Verfahrensmangel gerügt wird.
Wann ist eine Verfassungsbeschwerde möglich?

Über Verfassungsbeschwerden entscheidet das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Über Verfassungsbeschwerden entscheidet das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Eine Verfassungsbeschwerde im Sozialrecht setzt voraus, dass der gesamte Fachrechtsweg durchlaufen wurde. Es muss also jedes denkbare Rechtsmittel (Berufung, Revision, Nichtzulassungsbeschwerde, ggf. Anhörungsrüge) eingelegt werden.

Danach kann im Rahmen der Verfassungsbeschwerde die Verletzung von Grundrechten moniert werden. In Frage kommt dabei insbesondere das Sozialstaatsprinzip sowie das Gleichbehandlungsrecht. Bloße Verletzungen der Sozialgesetzbücher oder anderer Gesetze reichen dafür nicht aus.

Mehr Informationen dazu:

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